top of page

„Man mischt sich unter die anderen, da vergeht alles, dann merkst du nichts, Kerl.“

Aktualisiert: 9. Nov.

aus: Alfred Döblin

Berlin Alexanderplatz

S. 15


1-Satz-Literaturclub 1SLC Judith Niederberger Lakritza Alfred Doeblin Berlin Alexanderplatz

Grafik: Lakritza mithilfe von Midjourney



Hör Dir unsere Diskussion zu diesem Satz als Podcast an


Quintessenz der Diskussion

Erstellt von Lakritza


«Das isch mir än Kärli!» – wenn meine Mutter das sagt, weiss ich, was sie vom betreffenden Mann hält: nicht viel. «Kerl» im Diminuitiv ist bei ihr definitiv keine positive Aussage.


Die Aufforderung hingegen: «Sei ein ganzer Kerl!», zielt paradoxerweise aufs Gegenteilige ab und will appellativ vom Mannsbild verlangen: Sei stark! Sei ein Held! Stehe deinen Mann! –


Etymologisch betrachtet, stand die Bezeichnung #Kerl im Mittelhochdeutschen für einen «freien Mann».


Unser Kerl hier scheint #frei zu sein: Er kann sich unter andere Menschen mischen, niemand hindert ihn daran. Und doch scheint er sich nicht frei zu fühlen. Vielmehr will er in der Menge #untertauchen – und «nichts mehr merken». Was möchte er #verdrängen: Sein Anders-Sein? –


Jeder Mensch hat die Aufgabe seines Lebens zu lösen, für sich die eigene #Identität zu finden und sich im sozialen Gefüge einzuordnen.


Wir vermuten, dass der «Kerl» hier noch am Anfang seines Werdegangs steht – und sollten recht bekommen: Franz Biberkopf hat noch mehr als 700 Seiten vor sich – einen Weg voll Irrungen und Wirrungen, bis er am Schluss am Alexanderplatz in Berlin ein rechter Kerl geworden sein wird.









Kommentare

Kommentare konnten nicht geladen werden
Es gab ein technisches Problem. Verbinde dich erneut oder aktualisiere die Seite.
bottom of page